Alemannisches Dialekthandbuch vom Kaiserstuhl und seiner Umgebung
Rundfunk und Fernsehen - für Alemannen kaum Zugang
 

Im Fernsehen haben Alemannen zur Zeit so gut wie keinen Zugang, es sei denn, über den Dienstbotenaufgang. Es gibt allenfalls im Dritten Programm gelegentlich Minutenauftritte für alemannische Liedermacher oder Dichter. Gelegentlich heißt in diesem Fall: alle paar Wochen. Insgesamt wird bei weitem weniger auf Alemannisch gesendet als in einzelnen Sprachen von “Gastarbeitern“.

Alemannische Sendungen oder Filme bräuchten auch Zuschauern in ferneren Gegenden oder hiesigen Neubürgern nicht schwer verständlich bleiben: Man könnte sie hochdeutsch untertiteln, wie es auch schon in dem seltenen Fall gemacht wurde, als ein schweizerdeutscher Film kam.
In den letzten Jahren gab es zwei Spielfilmserien mit Südbaden als Kulisse (“Schwarzwaldklinik“ und “Lorenz & Söhne“). Hier hätte die Möglichkeit bestanden, die Menschen auch mal so sprechen zu lassen wie sie wirklich sprechen in Südbaden. Oberärzte und Besitzer größerer Weingüter sprachen in diesen Filmen hochdeutsch; das ist durchaus realistisch. Daß aber die Hilfsarbeiter und die Putzfrauen ausschließlich hochdeutsch redeten, bayrisch sprachen oder schwäbelten, war nun doch zu arg. So arg, daß selbst Südbadener, die sonst ihr kulturelles Elend mit höchster Duldsamkeit tragen, sich zu Protesten, Leserbriefen usw. hinreißen ließen.
(Anmerkung zur Internetausgabe: Diese Zustandsbeschreibung ging 1993 in Druck. Der Im Folgenden besprochene SWF ist inzwischen mit dem SDR zum SWR zusammengelegt worden - gebessert an den geschilderten Zuständen hat sich nichts - eher im Gegenteil).
Wie steht es nun im öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Im Südwestfunk kam es nach viel öffentlichem Streit 1990/91 zu einer Neuordnung, bei der auch mehr Regionalität versprochen wurde - wohl nicht aus besserer Einsicht, sondern erzwungen durch die Konkurrenz der privaten Sender. Wenigstens eines von vier Programmen sollte sich nun speziell um die Wünsche und Bedürfnisse der Hörer im Südbadischen kümmern - nämlich ‘Radio Breisgau‘ im Rahmen von ‘S4‘.
Daß an der Basis mehr Dialekt gewünscht wird, muß dem Südwestfunk, bei aller Abgehobenheit, bekannt sein. “Meh Mundart in Radio un Fernseh“ ist auch eine alte Forderung der Muettersproch-Gsellschaft (MSG). Bereits 1981 hatte die Gesellschaft 37.000 Unterschriften für diese Forderung gesammelt. Doch eine spürbare Änderung wurde nicht erreicht.
Auf der Jahresversammlung der MSG Anfang 1991 gab es erneut eine Initiative in dieser Sache, in einem Antrag an die Mitgliederversammlung hieß es:
 
"Im ä demokratische Land sod d Mehrheit ebbis z sage ha un im Siede vun Bade schwätzt d Mehrheit vun de Lit Dialekt - werum kunnt nor im Radio fast nix Alemannisches? S Radio geht an uns vebej - trotzdem aß mir defir zahle. We-mr siht, aß de SWF-Etat disjohr 795 Milljune Mark groß isch, glauwe mr, aß mr meh Alemannisches im Radio heere derfte.“ (14)
 
Aufgeschreckt durch diese Initiative sah sich der Vorstand MSG gezwungen, in der Sache Rundfunk wieder tätig zu werden. Aber wie! Er richtete eine Anfrage an die Rundfunkanstalten, wie sie es mit dem Dialekt hielten (als ob dies nicht bekannt wäre!). Der SWF verstand die Vorgabe: Wolfgang Heidenreich, Leiter des Landesstudio Freiburg, antwortete der MSG im Namen des Landesstudios und von Radio Breisgau mit einem langen Brief. Darin heißt es:
 
“Insgesamt ist Radio Breisgau bestrebt, auch das sprachliche Bild der Nahwelt wiederzuspiegeln. Dabei kommt die Mundart oder auch mundartlich gefärbte Umgangssprache in den Mischungsverhältnissen akustisch zum Vorschein, wie sich in unserer Alltagskultur artikulieren.“ (14)
 
Das entscheidende Wörtchen in diesem Briefzitat lautet “auch“. 167 Stunden in der Woche sendet S4 mit Radio Breisgau hochdeutsch, daneben gibt es “auch“ eine Stunde pro Woche, nämlich am Samstag morgen, in denen “das sprachliche Bild der Nahwelt“ wiedergespiegelt wird. Wenn man die Mundartverslein, die ab zu einmal eingestreut werden, aufrechnet, kommt man auf vielleicht 1 ½ Stunden Alemannisch, Bahnhofsalemannisch und Freiburgerisch pro Woche.
Auf den anderen SWF-Programmen (ich folge der Aufzählung Heidenreichs) kommt alle paar Wochen einmal ein alemannisches Hörspiel, in einer Morgensendung (Aktuelle Redaktion) kommt gelegentlich ein Kurzkommentar (2-3 Minuten); in den Sendungen ‘Morgenläuten‘ am Sonntag und ‘Radiotreff regional‘ kann es ebenfalls vorkommen, daß mal einer alemannisch spricht. Insgesamt braut sich aber hier auf die Woche umgerechnet bei weitem keine volle Stunde Alemannisch zusammen. Bei zufälligem Einschalten von irgendeinem der Südwestfunkprogramme ist die Wahrscheinlichkeit, Alemannisch zu hören, nicht größer als die Wahrscheinlichkeit, daß gerade etwas auf griechisch kommt.
Den Herren vom Südwestfunk reicht das; jedenfalls schließt Heidenreich seine Aufzählung: "Insgesamt, liebe Muetterspröchler, kann sich diese Bilanz durchaus sehen lassen."
Ob dieser netten Worte fühlt sich ‘Alemannisch dunkt üs guet‘, die Mitgliederzeitschrift der MSG, geehrt und pflichtet bei:
 
“Alles in allem ka me, denki i, aber sage, daß d Presse un de Rundfunk bstimmt nit gege Mundart un was demit zsämmehängt sin.“ (14)
 
Dieses Lob schließt die privaten Rundfunkanstalten mit ein, die selten ein besseres Mundartangebot haben als der Südwestfunk. Radio Breisgau soll also derzeit der “alemannische“ Vorreiter des SWF sein. Dieser Sender ist hier (1992, am westlichen Kai- serstuhl) und in weiteren Landschaften mit ausgeprägtem Dialekt immer noch nicht zu empfangen; ich höre ihn höchstens mal zufällig und nebenbei auf meiner Arbeitsstelle in Freiburg. Den jüngeren Kollegen ist das ein Greuel; sie sagen dann: “Mensch, mach den Rentnersender ab!“
 
“Frohes Wochenende“, traurige Eindrücke
 
Meine folgenden Eindrücke vom Südwestfunkprogramm gewann ich vor allem in den Jahren 86 bis 89, als meine Umstände mir noch mehr erlaubten, Radio zu hören. Eine grundlegende Änderung ist in den zwei, drei Jahren seither offenbar nicht eingetreten. Beim Vergleich der Sendungen des Landesstudio Tübingen und des Landesstudio Freiburg ergab sich, daß die Tübinger spürbar mehr Dialekt (Schwäbisch) brachten als die Freiburger. Im Landesstudio Tübingen war der eine oder andere Rundfunksprecher in der Lage und Willens, sich sprachlich auf schwäbische Dialektsprecher einzustellen und auch ein bißchen zu schwäbeln. Die vom Südwestfunk konnten oder wollten kein Alemannisch sprechen. Beim Landesstudio Freiburg gab es keinen Sprecher (von Rollensprechern in Hörspielen usw. abgesehen), der auch nur das gemäßigte, abgeschliffene Freiburgerisch gesprochen hätte. Dies ist kein Wunder. Der Südwestfunk beschäftigt offenbar nur ganz wenige Alemannen (ich spreche jetzt nicht vom Reinigungspersonal).
Zum Beispiel Radio Breisgau: bei der Gründung dieses Programmteils 1988 wurden seine Macher in einer Werbeschrift vorgestellt. Sie trug den Titel: “Neues vom Südwestfunk. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“.
Wie wahr! Von den vierzehn Radiomachern konnte denn auch nur einer für sich reklamieren, aus dem Breisgau zu sein, nämlich ein “Bobbele“ (Freiburger), “in Hochdorf aufgewachsen“. Eine weitere Mitarbeiterin zog es “von der Grenze Badens (Pfullendorf) ins Herz dieser Region“. Eine dritte Person aus dem Team konnte von sich sagen: “schon immer in Baden“. Bobbele hin, Baden her, offenbar spricht niemand Alemannisch. Weitere Zehn von Radio Breisgau sind scheint‘s nicht im Breisgau, auch nicht in Südbaden, ja nicht einmal in Baden aufgewachsen. Bei einer Person macht die Werbeschrift keine Angaben.
Der Südwestfunk kennt seine Alemannen; die Alemannen kennen ihren SWF. Bei Sendungen des Landesstudio Freiburg, wo Hörer anrufen konnten, beteiligten sich daher so gut wie keine alemannischen Dialektsprecher, es sei denn, sie beherrschten das Hochdeutsche flüssig und einigermaßen akzentfrei oder sie sprachen die schriftnahe badische Umgangssprache.
Um die Lage der Dinge weiter zu illustrieren, möchte ich die Sendung ‘Frohes Wochenende‘ beschreiben, die am 18. 7. 87 “life“ aus einem Kaiserstuhlort übertragen wurde. Eine singende Kaiserstühler Winzerfamilie trug mehrere Kaiserstuhl- und Weinlieder vor - in Hochdeutsch. Die Interviewpartner vom Kaiserstuhl waren mit einer Ausnahme aus Sprechberufen oder Sprechfunktionen (Vereinsvorsitzende usw.) und haben hochdeutsch gesprochen. Die Ausnahme bildete ein älterer Mann, der offensichtlich größte Mühe aufwenden mußte, um halbwegs hochdeutsch sprechen zu können und daher sehr unbeholfen wirkte. Es wurde in der 2-stündigen Sendung nicht erkennbar, daß der Kaiserstuhl eine eigene Sprache besitzt, die der alte Mann vermutlich meisterhaft beherrscht. Interessanterweise war zu dieser Sendung ein auswärtiges Terzett engagiert, das in dem malerischen Ort am westlichen Kaiserstuhl mehrere schwäbische und auch ein bayrisches Lied in den Äther schickte. Bei ihrer Befragung durch den Moderator antwortete einer der Sänger - schwäbisch! Der wackere Mann wußte offenbar nicht, wie das bei uns hier im Breisgau lang geht. Einmal wurde es dem vermutlich aus Norddeutschland stammenden Sprecher mit der rauchigen, kaum verständlichen Stimme zu bunt. Er sagte dem Sänger aus Schwaben:
 

“Kann man das auch noch in Hochdeutsch sagen, für die, die ein bißchen norddeutscher wohnen?“

 
Also sprach der Schulmeister. Doch wenn er Willens gewesen wäre, den Dialekt als gleichberechtigte Sprache zu akzeptieren, hätte er ja fragen können, was das Wort bedeutet, das er nicht verstand. Doch statt zuzugeben, daß er hier eben einmal nicht alles weiß, schob der Moderator das Versagen dem Dialektsprecher in die Schuhe, stellte ihn als einen bloß, der sich keine Mühe gibt, von denen verstanden zu werden, die “ein bißchen norddeutscher wohnen“. Der Rüffel fruchtete, von da ab befleißigte sich der Gerüffelte des Hochdeutschen oder unternahm wenigstens immer wieder Anläufe dazu.
 
Hochdeutsch wegen jedem Hafenkäs?
 
Doch, um noch ein wenig beim Thema zu bleiben: es hätte kein Norddeutscher Schaden genommen, wenn ihm hier der eine oder andere Satz entgangen wäre. Es ging um ein ganz belangloses Thema. Man hätte hier nicht um hochdeutsche Formulierungen zu ringen brauchen. Den Fehler, auch bei Gesprächen über das Wetter oder beim Ansagen von “La Paloma“ um hochdeutsche Formulierungen zu ringen, machen Breisgauer Alemannen oft und auch ohne sich, wie die schwäbischen Gäste, erst eine Abmahnung einzuholen. Man nimmt sich da oft wichtiger, als man genommen wird. Wie wichtig der Rundfunk aber solch einen Rummel auf dem Dorfplatz nimmt, zeigte sich auch in dieser Sendung: Mehrere Male wurde einfach das Gespräch oder der Musikton abgedreht, um Waschmittel- oder sonstige Reklame einzublenden.
Ein ähnlicher Vorgang war in der Fernsehsendung “Ausflug nach Breisach“ (Südwest 3, 8. 7. 1992) zu verfolgen. Auch hier waren die Alemannen wieder recht wortkarg, wenn auch nicht ganz so sehr wie am ‘Frohen Wochenende‘. So richtig Dialekt sprach auch bei dieser Sendung (mit einer kleinen Ausnahme) wieder nur ein eigens Herbeigereister: René Egles aus Straßburg. Diesmal immerhin ein Alemanne vom Oberrhein. Auch er trat ins Fettnäpfchen:
 
“Vor 25 Johr haw-ich kein Mensch üf däre Sit vum Rhin gekannt, mr isch nit zamme kumme, mr hat kein kultureller Usdüsch ghet, und wenn an dr Grenze dr Zöllner gfragt hat, ‘haben sie etwas zu verzollen‘, isch des immer noch kein Austausch gsin. Jetz wenn er fröjt, ar fröjt jo ... überhaupt fröjt er gar nimmi ..."
 
Drei Mal ‘fröjt‘ ... das war zuviel. Die Ansagerin griff ein und klärte das Publikum auf: “‘Fröjt‘ heißt ‘fragt‘!“ Und der Elsässer erfuhr von ihr im gleichen Atemzug: ‘‘Wir haben auch ausländische Zuschauer aus anderen Ländern."
 
René Egles aber visierte sein Publikum auf dem Breisacher Münsterplatz nun noch genauer und sagte: “Ja git‘s des?!“ (“Wer hätte das gedacht!“).
Die Belehrung des Barden war von der Ansagerin gut gemeint. Doch wenn man als Alemanne ihren Hinweis beachten würde, wäre das kultureller Selbstmord. Es gibt heute im Breisgau keinen öffentlichen Bereich mehr, keine Veranstaltung, keinen Arbeitsplatz, keinen Stammtisch, wo nicht auch ein Hochdeutscher, ein Ausländer oder sonst jemand zugegen ist, der Alemannisch nicht oder nicht gut versteht. Wenn die Alemannen immer so sprechen sollen, daß auch der Letzte der Anwesenden alles versteht, bleibt keine Gelegenheit mehr übrig, öffentlich alemannisch zu sprechen. Das war offenbar auch dem Straßburger Liedermacher klar und er fuhr - ungeachtet der Belehrung - fort, elsässisch zu sprechen.
Gewiß gibt es im Leben viele Situationen, wo alle Anwesenden alles verstehen müssen. Aber die Fernsehsendung vom Breisacher Münsterplatz gehörte nicht dazu.
Bei klassischen Konzerten, bei Rock-Musik, bei Erörterungen über Astrologie, beim Fußball wird es immer wieder Zuschauer und Hörer geben, die nicht soviel damit anfangen können. Und doch sind sie unverzichtbarer Bestandteil von Rundfunk- und Fernsehprogrammen. Und die Fußballer spielen nicht langsamer, nur weil einer nicht schnell genug gucken kann. Und die Rockmusiker passen ihren Sound kaum dem Geschmack von Klassikfreunden an. Ebenso brauchen Alemannen ihre Äußerungen nicht bei jeder Gelegenheit den Nichtalemannen anzupassen.
 
Wer spielt die Kuh, wer den Treiber?
 
Die Alemannen haben sich in den Sendungen, die ich hörte oder sah, nicht immer schlecht geschlagen, es gab da durchaus Unterschiede. Doch eines blieb bei allen Sendungen gleich: Die Alemannen spielten beim Almabtrieb die Kuh, der nord- oder hochdeutsche Moderator den Treiber. Das heißt, bei den wenigen Sendungen, wo Dialekt gesprochen wurde, hielten die Einführung, stellten die Fragen immer die hochsprachlichen Sprecher. Nie hatte ein Alemanne das Heft in der Hand (15). Und wenn einmal kein hochdeutscher Sprecher allgegenwärtig war, war das Alemannische nichtsdestoweniger im Ghetto - im Ghetto des Hörspiels, des Gedichts oder des genormten Kurzbeitrags. “Ghetto“ heißt hier: Die Sprache wird nicht frei weg wie im Leben gesprochen, sondern künstlerisch geformt und geknebelt durch den Autor und die Uhr.
Die Forderung “Meh Mundart in Radio und Fernseh“ darf nicht einfach heißen, daß dieser Zustand ausgeweitet wird, daß es einfach mehr Sendeminuten in der regionalen Sprache gibt. Anfang 1988 wurde in einer südbadischen Kulturzeitschrift die Forderung erhoben:
 
“Es (das Alemannische) muß auch als Sprache der Moderation und Diskussion sich entfalten können, wie es im Schweizer Rundfunk der Fall ist.“ (16)
 
“In the ghetto“
 
Bei einer qualitativen und quantitativen Ausweitung des alemannischen Programms wäre aber noch vor einer anderen Ghettobildung zu warnen.
Eines der Südwestfunkprogramme warb - bis zum gerichtlichen Verbot dieser Reklame - mit dem Slogan:
 
“Heino darf bei uns nicht singen, das müssen andere Sender bringen.“
 
Wer den Südwestfunk kennt, weiß, daß diese Werbung keine Entgleisung einer Einzelperson, keinen unüberlegten Witz darstellt, sondern sie drückt in komprimierter Weise das musikalische Programm von SWF 3 aus - wer Heino kennt und SWF 3 kennt, weiß genau, was gemeint ist. SWF 3 ist das Ghetto der Liebhaber der anglo-amerikanischen Musikkultur, hier gibt es nur selten deutsche Alibibeiträge (und ebenso selten auch Beiträge in anderen Sprachen der Welt). Zwischen den Liedern wird jedoch noch deutsch gesprochen. Der Sender ist bei der jüngeren Generation einigermaßen gefragt; freilich ziehen viele auch einen der privaten Dudelsender oder Radio Dreyeckland vor, die ebenfalls fast ausschließlich Musik aus England, den USA und von hiesigen Nachahmern bringen. (Damit man mich nicht missversteht: Ich bin kein Freund von Langeweile, ich meine nicht, daß man nicht auch englische und andere Musik bringen sollte. Nur Alemannisch würde mich ebenso bedrücken, wie mich nur Hochdeutsch oder nur Englisch bedrückt.)
Der Werbeslogan wäre auch zutreffend, wenn er heißen würde, “Alemannen dürfen bei uns nicht singen ... “ Der andere Sender, der sowohl Heino als auch die Alemannen bringen muß, ist S 4 mit Radio Breisgau. Das Alemannische wird in das Programm abgeschoben, das seine größte Beliebtheit bei der Großelterngeneration hat.
Mit dieser Trennung sind die SWF-Macher auf einen ähnlichen Trick verfallen wie die Kollegen von ‘Radio France Alsace‘. Dieser Regionalsender, der nur ein Programm hat, brachte seine elsässischen Sendungen genau zu der Zeit, wo nur die Hausfrauen und Rentner zu Hause sind. Das waren noch in den 80‘er Jahren immerhin noch ein paar Stunden täglich. Inzwischen wird freilich auch in diesen Werktag-Morgen-Sendungen überwiegend französisch moderiert. Und die jüngeren Hausfrauen sind da angelangt, wo man sie haben wollte: Sie offenbaren ihre Kochrezepte nurmehr auf französisch, selbst wenn sie, wie noch Ende der 80‘er Jahre, elsässisch angesprochen werden. (17)
Zu fordern ist daher, daß die regionale Sprache auch in Sendungen und zu Sendezeiten zum Einsatz kommt, die die Jugend ansprechen.
Die alemannische Sprachgemeinschaft wird durch den seit dem Kriegsende nicht abreisenden Zuzug von Hochdeutsch-Sprechern aus Norddeutschland, Ostdeutschland und Osteuropa bedrängt. Doch deren sprachlicher Einfluß wird erst durch die Kulturinstitutionen, die Schule, die Medien, den Rundfunk potenziert und zu einem wirklichen Schaden. Doch dieser Schaden müßte nicht sein, könnte zumindest gemildert werden. Der Rundfunk könnte mit einem alemannischen Programmteil den jungen Dialektsprechern Rückendeckung und Sicherheit geben, er könnte auch kulturelle Maßstäbe setzen.
Die Zuwanderer haben im Ballungsraum Freiburg durchaus nicht immer oder nicht leicht die Möglichkeit, mit dem Alemannischen vertraut zu werden - es ist in manchen Gemeinden und in manchen Berufszweigen schon zu sehr zurückgedrängt. Der Rundfunk könnte ihnen mit einem ansprechenden alemannischen Programmteil Brücken bauen, durch die sie mehr Zugang zur Regionalsprache finden. Es besteht kein Zweifel darüber, daß viele die Sendungen hören würden. In Gegenden, wo DRS 3, der mit SWF 3 vergleichbare Schweizer Sender, zu empfangen ist, hören ihn durchaus auch Nichtalemannen gerne.
Derzeit ist leider nichts dergleichen in Sicht. Rundfunk (und Fernsehen) würgen, so wie die Dinge immer noch stehen, die regionale Sprache mit ab.