Die alemannische Schreibung ist nicht genormt; es gibt verschiedene Möglichkeiten, zu schreiben. In dieser Kurzgrammatik (die für den Schulgebrauch konzipiert wurde), ist weitgehend das hochdeutsche Schriftbild nachgeahmt. Dialektwörter sind im Folgenden schräg fettgedruckt. Die Konsonanten (Mitlaute) sind im In- und Auslaut meist wie im Hochdeutschen geschrieben, im Anlaut sind p, t und k als b, d, g geschrieben, wo der Dialekt es nahelegt. Bei den Vokalen (Selbstlauten) ist meistens auf die Kennzeichnung der Länge verzichtet, weil sie im Breisgau nicht überall gleich ist. Siehe auch Schreibempfehlungen für das Alemannische im Breisgau. >> lies p, t und k im In- und Auslaut als b, d und g, also:
>> lies st und sp immer als schd und schb, also:
>> lies die Vokale, wie du sie von zu Hause kennst, also
>> Alleinstehendes e und End-e sind immer als Reduktionsvokal (= unrein, äbgschwächt) zu lesen:
>> Die persönlichen Fürwörter, werden, wenn man sie nicht besonders betonen will, wie eine Silbe ans vorhergehende Wort angehängt. Die Hauptbetonung liegt dann auf der ersten Silbe des vorhergehenden Wortes (blau):
Dies sind die häufigsten unregelmäßigen Verben:
Die Endungen der Verben sind in den drei Personen der Mehrzahl (Plural) immer gleich: mir mache, ihr mache, si mache (wir machen, ihr macht, sie machen) Besondere Befehlsformen: gang! (geh!), stand! (steh!), bi(s) doch still! (sei doch still!), sin vrnimpftig (seid vernünftig!), leen mi in Ruehj (lasst mich in Ruhe) Die Vergangenheitsform (Präteritum) wird von guten Dialektsprechern nicht gebraucht, man sagt statt:
Merke: >> Des "war" isch schlächti War, "isch gsii" wär besser gsii! Konjunktiv I: är heb (er habe), är däi (er tue), är däi kumme (er komme); är heb d Masere un däi s Medikamänt nit vrdrage (er habe die Masern und vertrage das Medikament nicht) Konjunktiv II: si wott (sie wollte = sie würde gerne), si sott (sie sollte), si hätt sotte (= si hätt solle) (sie hätte sollen); s dät (es täte), si dät luege (sie würde schauen), i dät-em riäfe (ich würde ihm rufen) Nebenformen: i ha = i han = i hab; i bi = i bin; är däi = är diäg; bi! (sei!) = bis! = säi!
Aneinanderreihen von Verben Bei der Aneinanderreihung von Verben ist eine Stellung wie im Hochdeutschen möglich. Aber die Stellung kann und darf auch "verdreht" sein. Das gilt für > Hauptsätze in der Vergangenheit
> Nebensätze in allen Zeiten
An Verben des Kommens und Gehens bindet man weitere Verben mit go an:
Nebenform: go = ge; är goht go kegle = är geht ge kegle
Der erste Fall (Nominativ; Frage "wer?") lautet gleich wie der vierte Fall (Akkustativ, Frage "wen?"):
Merke: >> Im Alemannischen sagt man niemals "den" oder "wen"! Der dritte Fall (Dativ; Frage "wem?") (in) wäm hesch gruefe? (Wem hast du gerufen?) Im Briäfbott (dem Briefboten), im Burgermeischter (dem Bürgermeister), im Seppli (dem kleinen Josef), im Großili (dem Großmütterchen), (in) dr Kechi (der Köchin), in-ere Schweschter (einer Schwester), ime Brueder (einem Bruder), (in) dinere Gotti (deiner Patentante), (in) unsrem Pfar (unserem Pfarrer), in främde Lit (fremden Leuten) Das in Klammern gesetzte in (in) darf, aber muss nicht stehen. Der zweite Fall (Genitiv; Frage "wessen?") ist kaum gebräuchlich, man sagt statt
* in manchen Ortschaften: im Mari si Schatz Merke: >> Genitivverbindungen mit "der", "des", oder "mines", "dines", "unsres" usw. sind falsch. Richtige Verbindungen: ... vum ... / ... vu dr ... / im ... si ... / (in) dr ... ihre ... / (in) unsrem ... si ... usw.
Die Wörter, die im Hochdeutschen auf e enden, haben im ähnlich lautenden Breisgauer alemannischen Wort nie ein klares e wie in hochdeutsch "eine lange Strecke", sondern - Keine Endung: d Stroß (die Straße), d Wesch (die Wäsche), d Hell (die Hölle), d Bäch (die Bäche), d Fiäß (die Füße), dr Has (der Hase), dr Groß (der Große), dr Nägscht (der Nächste), d Ander (die andere), d groß Stäge (die große Treppe), s gleinscht Kälbli (das kleinste Kälbchen), hit (heute) - i-Endung: Giäti (Güte), e diri Kuchi (eine teure Küche), scheni Dribel (schöne Trauben), frisch bachini Weckli (frisch gebackene Brötchen), eini oder zwo (eine oder zwei), mi eltschti Decki (meine älteste Decke), si Liäbschti (seine Liebste) - Reduktionsvokal e (abgeschwächter, zwischen e und a liegender Laut): Dante (Tante), Dorte (Torte), d Schälle (die Klingel, Schelle), e Quälle (eine Quelle), guete Dag! (guten Tag!), i gib-ere e guete (=gueter) Rot (ich gebe ihr einen guten Rat), saisch-ene e schene (=schener) Grueß! (sagst ihnen einen schönen Gruß!) Dieses e wird abgeschwächt (als Reduktionsvokal gelesen). Die Zugehörigkeit eines Wortes zu einer der drei Gruppen ist nicht immer in allen Ortschaften des Breisgaus gleich. Merke: >> Breisgauer alemannische Wörter enden nie auf kurzes, klares e! Ausnahmen: ge (= go); se! (hier, nimm!); ke (kein)
Bezugssätze (Relativsätze) mit wu Die Bezugssätze leitet man mit wu (wo) ein, nicht mit "der", "den" usw.:
Merke: >> Ein alemannischer Relativsatz beginnt nie mit d, sondern immer mit w!
Das Breisgauer Alemannische hat einen großen Schatz an Wörtern, die wenig oder keine Ähnlichkeit mit einem hochdeutschen Wort haben. Dazu gehören viele hundert Wörter, die heute selten gebraucht werden. Sie gehören namentlich dem Bereich der traditionellen Landwirtschaft, der Hauswirtschaft und des alten Handwerks an. Beispiele: Ägerscht (Elster), daie (wiederkäuen), dälbe (graben), Dolge (Tintenfleck), Gähre (Schoß), Gifli (Stecknadel), Hutte (Rückentrage), Muni (Zuchtstier), vrlechere (leck werden), Zwuckel (kleines Kerlchen) Dazu gehören aber auch einige Wörter, die im modernen Leben häufig, zum Teil täglich, stündlich gebraucht werden können. Wer gutes Alemannisch sprechen will, muss sie beherrschen und anwenden; wer Alemannisch lernen will, sollte mit ihnen beginnen: eber (jemand), ebis (etwas), niäme (niemand), niäne (nirgends), amenord oder naime (irgendwo), nyt (nichts), änewäg (trotzdem), geschtert (gestern), hit (heute), morn (morgen), z Obe (abends), hit z Obe (heute abend), morn am Morge (morgen früh), drno (dann), mänkmol oder elimol (manchmal), alliwil (immer), vilmol (oft), ender (eher), uf s Mol (plötzlich), viri (nach vorn), hinteri (nach hinten), underi (hinunter), ani (hin), äne (drüben), häne (hüben), blutt oder nackig (nackt), gäl (gelb), lätz (falsch), räs (versalzen), liis (zu wenig gesalzen), Gluckser (Schluckauf), Härtepfel (Kartoffel), Hag (Zaun), Mocke (Brocken), Schmutz (Kuß), Stäge (Treppe), Stapfle (Stufe), z Friburg (in Freiburg), uf Brisach (nach Breisach), Zischdig (Dienstag), ghäie (fallen), hebe (etwas halten), lupfe (anheben), läng-em (reiche ihm) Nur noch selten zu hören, aber immer noch gut zu gebrauchen: hincht, hinecht (heute Nacht), nächt (gestern Nacht), fäärn (letztes Jahr), z halbander (zu zweit), allewäg (auf jeden Fall), sällewäg (deshalb), guet zwäg sii (wohlauf sein), ebis zwäg bringe (eine Sache erfolgreich schaffen), bhäb dra verbii (knapp daran vorbei), s battet (es gelingt)
Lautunterschiede zum Hochdeutschen Das Hochdeutsche und das Alemannische besitzen zahlreiche gemeinsame Wörter, die im Lautlichen in regelmäßiger Weise voneinander abweichen. Für das Breisgauer Alemannisch gelten folgende Regeln; aufgeführt sind auch Beispiele für Ausnahmen (#). Dabei ist die alemannische Form kein entartetes Hochdeutsch, sondern eine eigenständige Entwicklung aus dem Alemannischen des Hochmittelalters (meist verkürzt "Mittelhochdeutsch" genannt).
Merke: >> Die Hauptunterschiede in vier Sätzen (zum Auswendiglernen):
Inneralemannische Unterschiede West-Ost-Unterschiede: Im westlichen Breisgau ist a recht dunkel (å), es hat eine gewisse Nähe zu o. Das a in drå (daran) klingt fast wie englisch draw (zeichne). Am Schwarzwaldrand und in den Tälern haben manche, aber nicht alle Ortschaften ein helles a, im Hochschwarzwald alle.
Dagegen ist ä im westlichen Breisgau sehr hell (á), es heißt zum Beispiel háll (hell), Spáck (Speck), Kás (Käse) usw., am Schwarzwaldrand und in der Freiburger Bucht setzt die Aussprache häll, Späck, Käs ein.
Die Sonderzeichen å und á werden meistens nicht geschrieben. >> Im westlichen Breisgau ist daher a dunkel, ä als helles a zu lesen. >> Im Hochschwarzwald a und ä wie im Hochdeutschen lesen. Im westlichen Breisgau sagt man Hüs (Haus), lüt (laut), sür (sauer) usw.; dieses ü ist zum Schwarzwaldrand hin schwächer ausgeprägt und geht im Schwarzwald in u über: Hus, lut, sur. Am Kaiserstuhl und im nordwestlichen Breisgau sagt man meist Laüb (Laub), Fraü (Frau), graü (grau) usw.; im Schwarzwald und im Süden Laub, Frau, grau. In der Rheinebene herrschen vor: nyt (nichts), Güts (Marmelade), pfätze (kneifen), Hochzit (Hochzeit), im Schwarzwald und auf der Baar herrschen (in gleicher Bedeutung) vor: nint, Mues, klemme, Hochzig od. Hostig.
Nord-Süd-Unterschiede: Siehe Karte auf dem Deckblatt: im schraffierten Gebiet (Süden) sagt man: Müs, Für, Hütte usw. und meist auch größer, schön, Schlösser usw., für hochdeutsch Mäuse, Feuer, Hütte, größer schön, Schlösser. Im Norden dagegen: Mis, Fir, Hitte usw. sowie greßer, schen, Schlesser usw. Im Süden sagt man im Anlaut und nach l und r ch für k, also Chopf (Kopf), churz (kurz), chrank (krank), starch (stark), Wulche (Wolken) usw.; dieses ch buchtet über das schraffierte Gebiet hinaus und geht bei Opfingen am Tuniberg am weitesten nach Norden. Süden: liäber (lieber), Farbe (Farben), Obe (Abend) usw. Norden: liäwer, Farwe, Owe.
Freiburger Stadtmundart: Sie ist besonders im Lautlichen dem Hochdeutschen angenähert: Haus, Bauch, Eis, Fäier oder Feuer, Buch (Buch), Bicher (Bücher), misse (müssen); ghet (gehabt), gwäse (gewesen); nix (nichts). Unsere Beispielsätze:
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