Karl
Kurrus
Der weit über den Kaiserstuhl hinaus bekannte Dichter wurde 1911 in Endingen geboren, wo er in bescheidenen Verhältnissen aufwuchs. Seine Ausbildung begann mit der Volksschule und einer kaufmännischen Lehre. Nach verschiedenen Tätigkeiten - auch bei der Stadtverwaltung Endingen - und verschiedenen Fortbildungen kam er 1939 in den Dienst der Stadt Freiburg, wo er - zuletzt als städtischer Direktor - 1976 seinen Ruhestand erreichte. Kaum war er mit seiner Gattin, Elisabeth geb. Schwehr aus Endingen, nach Freiburg gezogen, wurde er zum Kriegsdienst einberufen, der für ihn 1945 in amerikanischer Gefangenschaft endete. Bereits an der Ostfront hatte er erste (hochdeutsche) Gedichte geschrieben. 1969 erschien sein erster alemannischer Gedichtband, Üs em Griagli. Es sollten weitere fünf folgen. Die untenstehenden Gedichte sind - mit freundlicher Erlaubnis des Morstadt Verlags - dem 1985 erschienenen Band Vu Gott un dr Welt entnommen. |
Karl Kurrus (1911 -1993)
Gemälde
aus
der
Galerie
der
Ehrenbürger
in
der
Endinger
Kornhalle
(Hickel
91)
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Karl
Kurrus
verfasste
verschiedene
Mundartstücke
(ab
1950)
und
schrieb
zahlreiche,
meist
regionalgeschichtliche
Arbeiten,
von
denen
ich
eine
besonders
hervorheben
will:
Die
Unschuldigen
Kinder
von
Endingen,
Christenmord
1462
und
Judenverbrennung
1470.
Durch
diese
Untersuchung,
die
1965
in
Schau-ins-Land
erschien
und
die
Kurrus
auch
in
Endingen
vortrug,
konnte
das
Gerücht,
Juden
hätten
die
zwei
"Unschuldigen
Kinder
von
Endingen"
ermordet,
endgültig
zurückgewiesen
werden.
Mir
und
Kameraden
waren
diese
angeblich
von
Juden
ermordeten,
mumifizierten
Kinder
in
einem
Glasschrein
in
der
Pfarrkirche
St.
Peter
anfangs
der
60er
Jahre
noch
vorgeführt
worden.
1967
wurde
der
Schrein
entfernt.
1988
wurde
die
(leicht
gekürzte)
Untersuchung
Kurrus'
zu
diesem
typischen
Fall
mittelalterlicher
Judenverfolgung
und
jahrhundertelanger
Verleumdung
der
Opfer
auch
in
die
Chronik
von
Endingen
aufgenommen.
Im
selben
Jahr
fasste
Kurrus
seine
Forschungen
und
das
Presseecho
darüber
in
einer
fast
300-seitigen
Dokumentation
zusammen
("Die
unschuldigen
Kinder
von
Endingen")
und
gab
sie
im
Selbstverlag
heraus.
Ich
selbst
wurde
erst
1991,
durch
Anwürfe
gegen
den
Dichter,
darauf
aufmerksam. Zur Zeit der Anti-AKW-Bewegung um Wyhl stand der Zeit seines Lebens konservative und der Obrigkeit nahe stehende Dichter in den Reihen der Kritiker des Protests. Unter anderem wurde der Bewegung damals die Verwendung der Mundart als politisches Mittel angekreidet. Dass die Bewegung sich seines Gedichts s Eige zeige bedienen wollte, mochte er gar nicht erlauben. Doch auch Karl Kurrus brachte seine politischen Überzeugungen durchaus auf Alemannisch zur Sprache - und das war gut so, wie es auch von der anderen Seite gut war, dass sie es tat. Mir Alemanne sotte uns nit sälber d Zunge abschniide. Einen Dichter zeichnet nicht in erster Linie seine Weltanschauung aus, sondern seine kunstvolle Sprache und dass er Dinge so verallgemeinern kann, dass ihm manchmal auch die zustimmen müssen, die anders denken. Aber die damalige politische Polarisierung hat vielleicht verhindert, dass schließlich etliche gar nicht mehr genau auf Kurrus' Dichtung schauten und ihn weniger als Vorbild akzeptieren, als der Dichter es verdient. Karl Kurrus beherrscht die klassische Verskunst, reimt gut und spricht - was in seiner Generation allerdings keine Seltenheit ist - ein von Wortschatz und Grammatik her gutes Alemannisch. Das Gedicht Egleisli ist im Versmaß Daktylus verfasst, bei dem sich eine betonte und zwei unbetonte Silben abwechseln. Der zweite Daktylus am Ende der Zeile greift in die nächste Zeile über. Die schlängelnde Bewegung vom Egleisli ist dadurch geradezu spürbar. In Zua dr Gotti lässt er die ersten Zeilen jeder Strophe mit zwei unbetonten Silben beginnen, worauf jeweils zwei Mal betont/unbetont folgt. Die jeweils letzte Zeile aber beginnt betont - und wird dadurch stark hervorgehoben. Aber Kurrus arbeitet auch nicht selten mit freien Rhythmen, wie im modern anmutenden Gedicht Kriz. Karl Kurrus wurde verschiedentlich für sein Werk geehrt, zuletzt (1988) mit dem Oberrheinischen Kulturpreis. Jetzt aber - nunmehr 10 Jahre nach dem Tod des Dichtes - ist es recht still um ihn geworden. Möge sein Name noch oft genannt sein, aus seinem Werk noch oft zitiert - zum Beispiel im Deutschunterricht an unseren Schulen. Harald Noth, im Juli 2003
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S
Eige
zeige
Eigene
Sinn,
nit
Eigesinn,
bringt
Gwinn.
Eigini
Kraft,
Eigeschaft,
wu
Eiges
schafft.
Eigini
Art,
gsund,
mit
Wille
paart,
git
guati
Fahrt.
Bunt
isch
im
Lebe
si
Reige.
Nit
allem
sich
neige;
s
Eige
zeige!
|
|
S
Egleisli
An
sunnige
Rainli
sihsch
kralligi
Beinli
vum
langschwänzige
Tiarli;
s
isch
wusilig,
ziarli.
Smaragdgriani
Schippli,
mänk
hundert,
un
s
Schnippli
ganz
spitzig
un
flitzig
tuat
s
aigle
un
zingle,
sich
strecke
un
ringle,
gschnell
riber
un
duri
sich
schlängle
un
winde,
wenns
Gfohr
merkt
verschwinde.
Bal
lit
s
wider
fridlig,
so
gsprattlig
un
nidlig
in
briatiger
Sunne,
tuat
d
Wärmi
sich
gunne.
As
Kind
ha
mi
gfreit,
ha
n
em
Egleisli
gsait
-
un
jetz,
mit
dr
Johre,
isch
s
e
Eidechsli
wore.
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Zua
dr
Gotti
Zua
dr
Gotti
sott
i,
vu
dr
Trotti
wott
i
rote
Most.
Sin
d
Burgunder
grote,
het
si
d
Sunne
brote
uf
em
große
Bode,
nobli
Kost?
No
dem
vile
Froge
sait
si:
Ohni
gloge,
si
sin
ordli
grote,
jo,
bigoscht!
Unser
rote
Spote
muaß
mr
probe,
lobe.
Der
weckt
uf
diä
Tote.
Gsundheit!
Prost
|
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Welleweg
Welleweg
hesch
mi
gern,
ha
i
denkt,
ha
dr
Rose
gschenkt.
Enneweg
hesch
e
Anderi
gstupft,
fast
in
Himmel
glupft.
Selleweg
will
di
nit,
ha
i
gsait,
ha
mi
Kummer
trait.
Alleweg,
wenn
dr
kunnsch
un
blisch
do
sag
i
"jo!"
|
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Wach
blibe
Si
hän
gredt,
gruafe,
gschribe,
sin
wach
blibe!
-
Wurum
ich
nit?
Si
hän
grunge,
sich
gwehrt,
gstritte,
mit
Finger
druf
ditte!
-
Wurum
ich
nit?
Si
hän
gholfe,
gschafft,
gschunde;
hän
Wunde
verbunde!
-
Wurum
ich
nit?
Jetz
aber,
vor
ebs
wider
passiart,
wer
protestiart?
|
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Kriz
Vilerlei
Kriz
git
s.
Kriag,
Iise
Kriz
-
drno
Holzkriz.
Bi
rot
iber
s
Stroßekriz,
broche
Kriz
-
drno
s
Rot
Kriz.
S
greßt
Kriz
isch
s
verteifelt
"Drno!"
Vorhär
gert
Vernumpft
her!
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