Mord in Offenburg - die Badische Zeitung schlägt zu!
 
    Die Montagsausgabe der Badische Zeitung (20. August 2018) brachte einen "Bericht" über eine Trauerkundgebung in Offenburg anlässlich des Mordes in einer dortigen Arztpraxis. Sie wurde aus den Reihen der AfD heraus organisiert. Ein somalischer "Schutzsuchender" hatte seinen Arzt erstochen und eine Angestellte verletzt. Der Artikel ist ein demagogisches Pamphlet. Ich will das begründen und beziehe mich auf die Version in der Druckausgabe:
    D
er Schreiber, Michael Sauer, kolportiert, dass laut Polizei "bis zu 300 Menschen Teilnehmer" auf der Kundgebung waren. Unter diesen 300 gelang es ihm anscheinend, zwei junge Männer herauszufinden, die "von der Partei national orientierter Schweizer" seien, das sei "so etwas wie die NPD in Deutschland". Neben diesen beiden werden zwei weitere Teilnehmer vorgestellt, ein Pfälzer, der seinen Namen nicht nennen wolle, sich aber als Demonstrationstourist vorstellt und einer, der der Badischen Zeitung angeblich sagt, die Teilnehmer seien kein Nazis. Dann zitiert ihn das Blatt mit einer Aussage, die ihn halt doch in die Nazizeit katapultiert: "Ich bin ein guter Deutscher. So wie wir vor 80 Jahren auch gute Deutsche waren." Nach meiner Rechnung bezieht sich dieser "ältere Mann" auf das Jahr 1938.
    Ob diese Menschen existieren und so ausgesagt haben, kann niemand überprüfen, man muss es glauben oder sein lassen. Sicher ist nur: Das Blatt will sie uns als typisch für die "300 Teilnehmer" hinstellen (nicht einmal die Zahl ist sicher, es können an die 400 gewesen sein).
    Der einzige Teilnehmer der Kundgebung, der namentlich zitiert wird, ist Stefan Räpple, AfD-Landtagsabgeordneter, "ein Hauptorganisator der Demonstration". Ihm wird unterstellt, er habe zwei BZ-Reportern gesagt: "Der ermordete Arzt ist mir egal. Der eine Mensch ist mir nicht wichtig. Mir geht es darum, dass in dem Land etwas schiefläuft." Räpple hat diese Unterstellung schon am Abend des Kundgebungstags zurückgewiesen, als eine online-Version des Pamphlets erschien und erklärt: "Richtig ist, dass ich sinngemäß gesagt habe. 'Es ist egal, wer getötet wurde, Mensch ist Mensch.' Natürlich ist mir der Tod des Arztes nicht egal. Deshalb hatte ich heute eine Demo organisiert und eine Schweigeminute für ihn eingelegt."
    Nachdem das Blatt also als "normale" Teilnehmer wirkliche oder erfundene oder teilerfundene Deppen und Halbnazis vorstellte, musste es, um ausgewogen zu erscheinen, auch einen mit weißem Kragen und Eloquenz aufbieten - und macht ihn nieder, indem es ihm Gleichgültigkeit, beinahe Skrupellosigkeit unterschiebt.
    Schließlich wendet sich der Schreiberling der Gegendemonstration zu, die "ähnlich groß" wie die Kundgebung gewesen sein soll. Das Luftbild, das die BZ in der online-Version des Artikels veröffentlichte, zeigt aber, dass die Gegendemo ein gutes Drittel kleiner war als die Kundgebung der AfD. Die beiden Seiten sind wegen des polizeilich durchgesetzen Abstands leicht zu unterscheiden.
    Nun dürfen drei namentlich genannte Gegendemonstranten sprechen - und zwar zur Sache. Nicht, in welcher Partei sie sind, nicht, wie oft und wo sie demonstrieren, nein, wie sie zum ermordeten Arzt standen, wie er ihnen geistig nahestand und wie sie die Kundgebung der AfD finden. Sie dürfen über ihre "edlen" Motive sprechen.
    Dann beschreibt Michael Sauer "Lautstärke und Aggressivität" der Kundgebung, diese "verunsichert offenbar die Gegendemonstration, die sich allmählich auflöst". Hier wird ein Szenario suggeriert, das sich in Südbaden oft abspielte, aber mit vertauschten Rollen: Antifa-Bündnisse haben oft mit großer Übermacht kleine Kundgebungen von unbequemen Kräften wie AfD, Pegidas, Piusbrüdern und anderen eingekesselt, niedergebrüllt, versucht, zum Aufgeben zu zwingen.
    Den Eindruck einer solchen Taktik auf Seiten der AfD-Kundgebung versucht der Schreiberling weiter zu erzeugen, wenn er angibt: "Jemand stimmt den Hippie-Klassiker 'We shall overcome' an, ruhig singen die Gegendemonstranten mit - bis die AfD-Anhänger lautstark kontern mit der deutschen Nationalhymne."
    Die Realität war anders: Am Schluss der von der AfD initiierten Kundgebung wurde eine Schweigeminute für den ermordeten Arzt Dr. Joachim Tüncher eingelegt. Was dann passierte, beschreibt das Schwäbische Tagblatt online so: "Gegen 15.30 Uhr beendete die AfD ihre Kundgebung mit dem Deutschland-Lied. Die Rassismus-Gegner hielten mit dem Protestlied 'We shall overcome' dagegen." Beim Tagblatt kontern die Gegendemonstranten.
    Der Bericht von tagbatt .de ergreift zwar ebenfalls deutlich und polemisch die Partei der sogenannten "Rassismus-Gegner", des linken Bündnisses, ist insgesamt aber deutlich sachlicher als das Pamphlet der Badischen Zeitung.
    Die journalistische Qualität, die der Schreiberling der Badischen Zeitung hier an den Tag legt, erinnert an den Stürmer. Man muss kein Freund der AfD sein, um das zu erkennen. Es gehört nicht viel Scharfsinn dazu, diese Einseitigkeit, dieses Verbiegen zu erkennen und wer Parteizeitungen aus dem Dritten Reich im Original gelesen hat, den springen die Parallelen sowieso ins Auge. Mehr zum Journalismus der Badische Zeitung siehe hier.

21.August 2018, Harald Noth

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Aus:
Lueg ins Land ohne Scheuklappen - Der Blog von Harald Noth
www.noth.net/lueginsland/blog.htm